Sonntag, 22. April 2012

Equitabo.

Pferde und ich. Wir kennen uns schon ziemlich lange. Pferde begleiten mich durch mein Leben, seit ich laufen kann. So wie Bücher und Musik. Oder so wie Hunde, wenn wir den Vergleich mit lebenden Dingen beibehalten möchten.
Ich fand Pferde schon immer toller als Barbiepuppen. Und das, obwohl ich mit - hm, sagen wir 2 Jahren - ein absolutes Pferdetrauma hätte erleiden müssen. An dieses Erlebnis kann ich mich selbst natürlich nicht mehr erinnern. Aber meine Eltern bestätigen, dass es sich so zugetragen hat.
Mama und Papa besuchen mit der kleinen Claudia den Tierpark. In diesem Tierpark gibts alle möglichen heimischen Wild- und Haustiere. Unter anderem Ponys, auf denen auch geritten werden darf. Ums Ponygatter ist immer ein riesen Getümmel. Die Kinder stehen in der Schlange, um anschließend für zwei Mark auf dem Ponyrücken drei Runden über den Platz geführt zu werden. Die kleine Claudia findet das wohl faszinierend, und als Mama und Papa mal kurz unaufmerksam sind, rennt sie zum Gatter, durch das gerade eines der Ponys seinen neugierigen dicken Ponyschädel gesteckt hat. Das Schild mit dem Vorsichtshinweis "Achtung, Ponys beißen!" kann sie mit ihren 2 Jahren natürlich noch nicht lesen.
Mama und Papa bemerken recht schnell das Verschwinden des Nachwuchses. Papa dreht sich zum einige Meter entfernten Ponygatter um und erstarrt zur Salzsäule. Die kleine Claudia schwebt ca. anderthalb Meter über dem Boden - getragen von einem Ponymaul! Der neugierige Heufresser hielt das Kleinkind wohl für ein Spielzeug, oder sogar eine Art zu groß geratenes Leckerli. Also, zugeschnappt und hochgehoben.
Papa entwickelt situationsbedingt ungeahnte Heldenkräfte. In nullkommanullnull Sekunden ist er beim Pony, ein Handkantenschlag auf die Ponyschnauze bewirkt, dass das Tier die seltsame Beute sofort loslässt, und Klein-Claudia ist wieder frei. Noch Wochen später sieht man auf Hüfthöhe den Abdruck eines Ponygebisses.

Dieses Erlebnis hat mir in keinster Weise geschadet. Ich fand Pferde und Ponys toll, so wie 95% aller kleinen Mädchen Pferde und Ponys toll finden. Sobald ich lesen konnte, verschlang ich Pferdebücher - erst Romane, irgendwann später aber auch Sachbücher (wodurch ich mir in kürzester Zeit ein fundiertes Know-How über Pferdeanatomie und Merkmale unterschiedlicher Rassen aneignete) und noch später auch Bücher übers Reiten lernen.
Mein flehender Wunsch nach Reitstunden und einem eigenen Pferd wurde nie erhört. Dann konnte ich - mit etwa 8 Jahren - die Vorzüge genießen, die es mit sich bringt, wenn man einen wesentlich älteren Bruder hat.
Der wesentlich ältere Bruder hatte nämlich eine neue Freundin, die aus recht wohlhabendem Hause stammte. Die Familie besaß drei eigene Pferde, die in einem Reitstall in Heidelberg untergebracht waren. Für mich ging ein Traum in Erfüllung, als meine Schwägerin in Spe mir eine Schnupper-Reitstunde anbot.
Es war das erste "richtige" Pferd, auf dem ich saß, ein riesengroßer weißer Trakehnerhengst. Das war schon was anderes als Ponyreiten! Erstmal ohne Sattel - dafür an einer Longierleine und Gurt mit Handgriffen zum Festhalten - gings in die Reithalle; Schritt war okay, beim Trab hopste ich schon wild auf dem Pferderücken rum, im Galopp hielt ich mich lange tapfer, bis ich den Halt verlor und schließlich nach einem doppelten Looping im weichen Sägespänebelag der Halle landete. Aber, wie heißt es so schön, wenn man vom Pferd fällt, muss man gleich wieder rauf. was ich auch tat.

Leider hatte ich keine Möglichkeit, eine Kontinuität in diese Reitstunden zu bringen. Und nachdem dann nach einigen Jahren auch die Beziehung zwischen meinem Bruder und seiner Freundin scheiterte, stand ich wieder ohne Pferd da.
Aber zum Glück gabs ja noch unsere Österreichurlaube im Zillertal. Neben unserer Urlaubsresidenz lag nämlich ein Reiterhof, und jedes Jahr, wenn wir dort waren, durfte ich auf auf einem der unzähligen Haflinger ausreiten. Auf Haflingern zu reiten ist eine extrem idiotensichere Methode, sicher im Sattel zu bleiben. Beim ersten Mal wurde ich noch geführt, beim zweiten Mal konnte ich es alleine. Leider waren die Haflinger in diesem Stall extrem faule und antriebslose Geschöpfe, wahrscheinlich durch das tägliche Rumtragen kleiner und großer reitunfähiger Touristen völlig abgestumpft - ich hatte also nie die Möglichkeit, zu galoppieren. Aber in den anderen Gangarten hatte ich schon bald den Dreh raus.

Irgendwann, mit der fortschreitenden Pubertät, ließ mein Ehrgeiz, endlich richtig reiten zu lernen, etwas nach.
Trotzdem trieb ich mich, wann immer ich die Möglichkeit hatte, auf Reiterhöfen rum, half hier mal beim Putzen und Füttern, durfte dann und wann die Pferde auf die Koppel führen und so weiter.
Bis ich mir dachte "So, ich bleib drauf sitzen, wenn es losläuft, dass ist doch eigentlich genug - jetzt brauch ichs doch auch nicht mehr richtig lernen."
Und dann schlief das Ganze ein. Auch eine Art Prokrastination, um mal beim Thema des Blogs zu bleiben, ne? Es steht ja keiner mit einem gesattelten Pferd vor Deiner Haustür, klingelt und sagt zu Dir "Hey, willste nicht reiten lernen? Ich hab da schonmal wat vorbereitet...!" Man müsste schon selbst die Initiative ergreifen, wenn man es durchziehen will. Und das hab ich nicht getan.

Aber immer wenn ich irgendwo ein Pferd gesehen habe, und auch heute noch sehe, strahle ich immer noch übers ganze Gesicht.
Das sagt jeder, der mich dabei beobachtet. Und dies ist - wenn man mein Alter bedenkt - definitiv kein pubertäres Pferdegeschwärme mehr.
Der Wunsch nach regelmäßigem Pferdekontakt war nie ganz weg. Auch wenn es die wenigsten Menschen, mit denen ich in den letzten 10-15 Jahren regelmäßig Kontakt habe, so richtig mitbekommen haben.

Wer es allerdings mitbekommen hat, war meine bessere Hälfte.
Und Dank ihm wage ich jetzt den erneuten, großen Schritt.
Mein Geburtstagsgeschenk von Mirko war nämlich ein Gutschein, für ein "Pferd zum Selbstreiten"!
Da ich finanziell nicht unverschämt sein möchte, werde ich mir natürlich nicht gleich ein eigenes Pferd von ihm schenken lassen... ;-)
Aber das war der Anstoß, den ich gebraucht habe. Ich will Reitstunden nehmen, und endlich richtig reiten lernen. Und der Termin steht auch schon: Am Dienstag gehts los, ich bin gespannt und aufgeregt und werde an dieser Stelle berichten, wie es gelaufen ist. Drückt mir die Daumen!

P.S.:  "Equitabo" ist die lateinische Übersetzung von "Ich werde reiten".

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