Montag, 7. Oktober 2013

Oh, wie schön ist Kanada: Living The Dream. Teil 3

Am nächsten Tag ist "laundry day" auf dem Camping des Appalaches.
Praktischerweise verfügt der Campingplatz, wie im letzten Beitrag schon erwähnt, über einen kleinen Waschsalon. Für 2 Dollar werden unsere schmutzigen Klamotten wieder sauber und duften nach Mangowaschmittel, zum Aufhängen basteln wir uns eine Wäscheleine aus Drachenschnur - und wettertechnisch passt auch alles: Es ist nur leicht bewölkt, und Dank einer ordentlichen Meeresbrise sind unsere Sachen ratzfatz wieder trocken.
Derweil gehen Mirko und ich etwas musischeren Beschäftigungen nach: Wir stecken unsere Nasen in die mitgebrachte Urlaubslektüre, studieren Prospekte und Reiseführer über die Gaspésie Halbinsel und sichten die Urlaubsfotos der letzten Tage.

Abends machen wir noch einen kleinen Spaziergang entlang des Flusses Rivière Morris, der sich hinter unserem Campingplatz entlangschlängelt. Die Gegend wirkt hier so richtig "kanadisch"... man glaubt kaum, dass die Küste nur wenige Autominuten von uns entfernt ist.



Auf dem Rückweg treffen wir den Campingplatzbesitzer, einen netten älteren Herren, der gerade mit seinem Fahrrad die allabendliche Kontrolltour über das Campingareal macht.
Er berichtet uns in sehr gebrochenem, französischlastigem Englisch, dass sich vor einigen Jahren jenseits des Flusses auch noch Campingplätze befanden. Durch ein starkes Unwetter und das darauffolgende Hochwasser wurde jedoch ein Großteil der Anlage zerstört.
Ab und zu durchqueren Elche das seichte Wasser des Flusses und wandern durch die Ortschaft, um in den Wald auf der anderen Straßenseite zu gelangen. Aber es gibt leider - trotz des angrenzenden Nationalparkes - auch viele Wilderer in dieser Region...

Bevor wir zu unserem Motorhome zurückkehren, möchten wir nochmal den Teil des Flusses direkt hinter unserem Stellplatz besichtigen. Und siehe da: als wir die flache Böschung hinunterklettern, entdecken wir im lehmigen Boden des Flussufers die Hufabdrücke eines Elches! Es muss eindeutig ein Elch gewesen sein, denn für einen Hirsch sind die Abdrücke viel zu groß - sie haben etwa die Größe eine Pferdehufs, führen die Böschung hinauf und verlieren sich schließlich ein Stück weiter im hohen Gras.
Wir können es kaum glauben; die Spur scheint ziemlich frisch zu sein! Vielleicht ist der Elch sogar gestern abend unbemerkt an unserem Motorhome vorbeigelaufen!
Eine Weile sitzen wir noch am Flussufer und warten, ob der vielleicht zurückkommt. Aber als es zu dämmern beginnt, geben wir schließlich doch auf und kehren zum Motorhome zurück.


Nach dem Abendessen (frischem, über offenem Feuer gedünstetem Lachsfilet) geht es schlafen, und am nächsten Morgen früh raus: Wir möchten in den Nationalpark Forillon und ein Stück des "International Appalachian Trail" entlangwandern.
Es ist ziemlich bewölkt an diesem Tag, aber zum Wandern kommt uns das gerade recht. Wie wir später feststellen müssen, läuft der Schweiß auch ohne Sonnenschein in Sturzbächen an uns herunter.
Der "International Appalachian Trail" gehört übrigens zu den längsten Fernwanderwegen der Welt, führt durch die USA und Teile Kanadas, ist an die 4000 km lang und wird ständig erweitert und ausgebaut.
Von den 4000 km schaffen wir natürlich einen mikroskopisch kleinen Bruchteil, aber die Strecke, die wir uns vornehmen, hat es trotzdem in sich!
Die Wege sind steinig und es geht teilweise so steil bergauf, dass wir mehr als einmal froh sind, uns so gute Trekkingschuhe zugelegt zu haben. Ich brauche desöfteren eine kurze Verschnaufpause. Uns begegnen kaum Leute auf der Strecke, und je tiefer wir in den Wald hineinkommen, desdo ruhiger wird es.
Irgendwann ist nur noch das Rauschen der Blätter zu hören, das Plätschern kleiner Bachläufe, die unseren Weg durchkreuzen, sowie die hohen, spitzen "rrrrrrrrr rrrrrrrrr" Schreie einiger verärgerter Eichhörnchen, die sich offenbar von den Zweibeinern bei ihrer Futtersuche gestört fühlen.

Auf dem Berg angekommen werden wir und unsere Anstrengung durch eine atemberaubend schöne Aussicht belohnt: Farbenfrohe Wälder, soweit das Auge reicht, und ganz unten im Tal das winzige Rivière-au-Renard. Wenn man genau hinschaut, sieht man sogar unseren Campingplatz mit bloßem Auge und bei NOCH genauerer Betrachtung unser Motorhome.
Am Horizont kann man sogar noch einen blauen Streifen Meer erkennen.
Wir sind ganz schön begeistert von unserer Leistung und völlig beeindruckt von der Landschaft.



Nachdem wir alle drei Aussichtspunkte auf der Bergspitze besichtigt haben, kehren wir den selben Weg zurück wie wir gekommen sind. Der Abstieg ist deutlich einfacher und schneller, und wir liegen perfekt im Timing, denn kaum erreichen wir unser Motorhome, beginnt es zu regnen und hört den Rest des Tages auch nicht mehr auf.
Zum Abendbrot gönnen wir uns heute ein paar saftige Steaks mit Knoblauch und fallen danach satt und todmüde ins Bett!

Als wir am nächsten Morgen aufwachen, regnet es leider immernoch. Wir waschen unsere völlig durchgeschwitzten Wanderklamotten vom Vortag, können sie jedoch diesmal leider nicht im Freien aufhängen. Das Innere unseres Motorhomes bietet aber mit ein bisschen Improvisation ebenfalls zahlreiche Trockenmöglichkeiten (Duschkabine, Türgriffe etc..).
Gegen Vormittag machen wir uns auf zu unserem nächsten und letzten Ziel: dem Fischerörtchen Percé am östlichsten Zipfel von Gaspésie, bekannt durch seine zahlreichen Fischrestaurants, sowie dem fast 500 m langen und 90 m hohen Kalksteinfelsen "Rocher Percé".
Es ist kein weiter Weg bis dorthin, doch die Gegend sieht nach wenigen Kilometern schon wieder völlig anders aus als in Riviére-au-Renard: Bewaldete Hügel hier, wolkenverhangene schroffe Felswände dort. Als wir unser Motorhome über eine Hügelkuppe steuern, liegt dort unten plötzlich Percé - es schmiegt sich an der Küstenlinie entlang und strahlt, umgeben von grauem Himmel und leichten Dunstschleiern eine unbeschreibliche Idylle auf uns aus.


Eine handvoll Häuser, ein paar Motels und Appartmentkomplexe, Fischerhütten, ein Hafen für die Touristenboote und -schiffe zur Insel Bonaventure, die als Naturschutzgebiet und Lebensraum für zahlreiche Vogelarten bekannt ist, und natürlich der Rocher Percé, welcher aus unserer momentanen Perspektive noch gar nicht so riesig aussieht, wie er eigentlich ist. Doch das wird sich schon bald ändern...

Wir steuern den Campingplatz Havre-de-la-Nuit an, wo wir uns einen Stellplatz für 1 Nacht mieten. Unser Motorhome parken wir auf einem besonders netten Plätzchen, nur einen Steinwurf vom Strand gelegen. An selbigem Strand übt gerade eine Gruppe Kanufahrer den richtigen Umgang mit Paddel und Kanu. Riesige Möwen und allerlei andere Wasservögel staksen futtersuchend am Strand entlang, lassen sich gemächlich auf dem Wasser treiben, oder kreisen rastlos über den Dächern der angrenzenden Häuser.
Wir setzen uns erstmal auf eine Bank und lassen das maritime Panorama auf uns wirken. Es hat inzwischen sogar aufgehört zu regnen, stellenweise versucht sich die Sonne einen Weg durch die Wolkendecke zu bahnen.
Ich bin gerade völlig vertieft in den Versuch, eine Selbstauslöserfunktion bei unserer neuen Kamera zu finden, als Mirko plötzlich ruft: "Schau mal, da drüben sind Wale!"
Ich traue meinen Augen nicht, und es dauert einen Augenblick, bis ich realisiere, was ich gerade wahrnehme: Keine 100 m entfernt tauchen plötzlich ein paar schwarze, glänzende Walrücken aus den Wellen auf, stoßen Wasserfontänen aus ihrem Atemloch und verschwinden wieder unter Wasser, so schnell wie sie gekommen sind. Es sind mehrere Exemplare, bestimmt drei oder vier Stück - offenbar nicht besonders groß, und leider auch viel zu schnell, als das ich sie fotografieren kann. Verdammt!
Trotzdem bleibt mir erstmal der Mund offen stehen. Ich habe gerade zum ersten Mal in meinem Leben einen echten Wal (in freier Wildbahn) gesehen! Wow.

Nach diesem Erlebnis sitze ich noch ungefähr eine halbe Stunde auf der Bank und starre durch den Sucher der Kamera aufs Meer hinaus. Bei jeder Bewegung, die etwas anderes als eine Welle oder ein Vogel zu sein scheint, drücke ich auf den Auslöser... leider ohne Erfolg.
Wir reißen uns von unserem Beobachtungsposten los und erkunden ein wenig die Umgebung. Aber auch ohne noch einmal einen Wal zu sichten, kommen uns doch noch ganz nette Okjekte vor die Linse.





 


Diese Dinger auf dem letzten Foto sind übrigens Hummerkörbe, ein Gegenstand, der in kanadischen Fischerorten zum Inventar gehört und sehr oft und überall zu sehen ist. Einen Hummer möchten wir hier übrigens auch noch verspeisen, das haben wir uns fest vorgenommen.
Leider fängt es nach kurzer Zeit wieder an zu regnen, und wir müssen unseren Spaziergang durch Percé leider unterbrechen. Aus dem abendlichen Besuch im Fischrestaurant wird ebenfalls leider nichts, dazu ist es nun einfach zu nass und ungemütlich. Wir verschieben das Hummergelage auf den nächsten Tag, quasi als Abschiedsessen - denn so langsam aber sicher müssen wir den Rückweg unserer Tour antreten....

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen