Mittwoch, 4. Juli 2012

Über verschiedene Arten von Sonnenbrand und die Kunst, zur falschen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Wie bereits letzten Freitag angekündigt, hier eine schriftliche Zusammenfassung unseres "With Full Force" Trips:

- Die Fahrt in den Osten: Ein einziger Stau!
Egal ob A5, A4 oder A9...die Kombination Freitagnachmittag und Baustelle ist nicht sehr vorteilhaft. Wir kommen unserem Ziel nur schleichend näher. Und so dauert die Fahrt - statt der ursprünglichen viereinhalb - über sechs Stunden!

- Der Zeltplatz: super!
Da wir generell keine langen Fußwege scheuen, wählen wir unseren Standort in der hintersten äußersten Ecke des Platzes, ca. 15 min. Fußmarsch entfernt vom Festivalgelände. Direkt am Zaun, mit Blick auf Feld und Wald, werden wir mit einer fast himmlischen Ruhe sowie den garantiert saubersten Dixiklos belohnt, die das Full Force zu bieten hat.

- Unser Domizil: Klein aber fein!
Wir haben mein altes anderthalb-Personenzelt dabei, das ich mir 2009 spontan für Rock am Ring gekauft hatte. Eine Person hat darin gut Platz - bei zweien wirds etwas schwieriger. Aber da wir unseren ganzen Krimskrams sowieso im Auto deponieren und im Zelt selbst nur pennen müssen, ist auch das ok. Am Tag zuvor haben wir im Baumarkt eine veloursüberzogene Camping-Schlafmatratze gekauft. Wir freuen uns schon drauf, endlich mal in einem Zelt zu schlafen, ohne jedes Steinchen und jede Bodenunebenheit im Rücken zu spüren! Doch als Mirko die Matratze aufgepumpt hat und wir uns probeweise drauflegen, spüren wir einen winzigen, kühlen Luftzug von unten. Die Matratze hat ein Loch. Argh! Wir flicken das Loch notdürftig und hoffen, dass es klein genug ist, damit die Luft zumindest für eine Nacht hält, und wir die Matratze wenigstens erst am nächsten Morgen neu aufpumpen müssen.

- Die Bands: Laut und unterhaltsam, wie immer!

- Die Hitze: Unbarmherzig!
Und diese Umschreibung ist eigentlich noch untertrieben. Gefühlte 60 Grad im Schatten (wenn es überhaupt irgendwo Schatten gibt) und eine Sonne, die alles niederbrutzelt, was ihr im Weg steht. Wir entdecken Festivalbesucher mit den verschiedensten Sonnenbränden. Ein ziemlich verwirrt aussehender Mittdreissiger mit Ziegenbart und schütterem Haupthaar hat sich offensichtlich vor Kurzem (oberkörperfrei) die Kante gegeben und muss im besoffenen Zustand auf dem Rücken in der Sonne eingeschlafen sein. Von vorne sieht er aus wie ein Krebs. Von hinten wie ein Albino. Irgendwie muss ich an Pommes rot-weiß denken.
Beim weiblichen Anteil des Publikums spricht der entblößte Rücken Bände: Gestern etwas zu intensives Sonnenbaden im Bikinioberteil mit gekreuzten Trägern. Und heute ist offensichtlich Tanktop-Tag. So werden die weißen Quer- mit richtungsausgleichenden Längsstreifen kombiniert. Sieht lustig aus und tut wahrscheinlich saumäßig weh.
Aber wir selbst bleiben auch nicht verschont. Trotz Sonnenspray verbrenne ich mir das Genick und die Schultern, bei Mirko erwischt es die Innenseite der rechten Wade.

- Das Chaos:
Mama und Papa haben immer gesagt "Halte Dich bei Gewitter nicht auf einem freien Feld auf!". Nur blöd, wenn man so gar keine andere Wahl hat..
Es ist Samstagabend kurz vor elf, wir sind total fertig und hauen uns im Zelt aufs Ohr - in der Hoffnung, nach 2 oder 3 Std Schlaf wieder so fit zu sein, dass wir uns nochmal Richtung Festivalgelände aufmachen können, um wenigstens noch ein paar Bands mitzunehmen.
Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen: Unser Zelt verlassen wir an diesem Abend nicht mehr.
Als es in der Ferne zu blitzen und donnern beginnt, denken wir uns noch nichts dabei. In der Nacht zuvor hatte es auch leicht gewittert, und ein bisschen Luftabkühlung kann jetzt nicht schaden.
Keine 20 Minuten später geht die Welt unter.
Der Regen ergießt sich kübelweise aufs Zelt; Es stürmt so sehr, dass die Zeltplane knattert und sich die Zeltstangen bis zur äußersten Toleranzgrenze biegen. Draußen blitzt es im Millisekundentakt und der Boden vibriert von heftigen Donnerschlägen. Das Unwetter ist direkt über uns!
Für einen kurzen Moment beschleicht mich der Gedanke, vielleicht besser im Auto Schutz zu suchen. Aber ich bin so müde,dass ich mich einfach umdrehe, Ohrstöpsel rein, und weiterschlafe. Auch Mirko bleibt ungerührt liegen. Wir sind ein kleines Rettungsboot im sturmgepeitschten Ozean.

- Der Tag danach
Morgens um 6 Uhr weckt uns eine Durchsage per Megafon. Die Polizei meldet, dass das Unwetter vorbeigezogen ist. Die Polizei ist hier? Schlaftrunken krabbeln wir aus unserem Zelt, das den Sturm in der Nacht offensichtlich prima überstanden hat. Bei einem Spaziergang über den Zeltplatz wird uns klar, dass nicht alle so viel Glück hatten wie wir. Überall zerstreut liegen Fetzen von Pavillons und verbogene Zeltstangen herum.
Wir machen uns fertig, schlagen unser Lager ab, essen noch etwas und treten gegen Mittag die Heimreise an. Der Verkehr läuft nun wesentlich besser, so dass wir am frühen Abend zuhause sind.
Erst als ich den Laptop einschalte, lese ich in diversen Nachrichtentickern von der Schreckensmeldung: Schwerer Blitzeinschlag auf dem Festivalgelände des With Full Force Festivals. Der Blitz war in einen Turm vor der Hauptbühne eingeschlagen. Direkt neben dem Turm befand sich eine Cocktailbar, unter deren Vordach etliche Leute vor dem Gewitter Schutz gesucht hatten. Die Metallstangen leiteten den Blitz von der Turmspitze direkt nach unten, 51 Menschen wurden verletzt - drei davon so schwer, dass sie reanimiert werden mussten.
Ich stelle mir vor, dass wir nur wenige hundert Meter Luftlinie von diesem Platz entfernt waren, und mir wird auf einmal ganz mulmig.

Mittlerweile hat die Presse bekannt gegeben, dass alle Verletzten auf dem Weg der Besserung sind.
Und abgesehen von diesem Zwischenfall war das Festival wieder sehr gelungen, die Getränke kalt und bezahlbar, das Essen abwechslungsreich, und die Bühnenshows auf der Mainstage diesmal sogar mit Leinwand und Pyroeffekten! Wir werden das Full Force ganz sicher wieder mit unserer Anwesenheit beehren!

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