Sonntag, 16. September 2012

Zoobesuch. Oder: Warum Tiere manchmal intelligenter sind als Menschen. Oft.

Die letzten schönen Spätsommersonntage verleiten den zivilisierten Menschen ja meistens zu Outdooraktivitäten. Zum Beispiel Wandern oder Fahrrad fahren. Einen Ausflug ins Grüne zu machen. Oder in den Zoo zu gehen. Für letzteres haben mein Männe und ich uns heute entschieden.
Also ab nach Heidelberg, in den nächstgelegenen größeren Tiergarten.
Zoobesuche sind toll, und mein letzter schon einige Jahre her. Der Heidelberger Zoo bietet ein nettes Repertoire an Säugern, Reptilien und Vogelarten aus aller Welt, inklusive der heimischen Bauernhoftiere im allseits beliebten Streichelbereich.

So dreht man seine Besucherrunde, vorbei an den Tigern, Löwen und Bären, die wie immer irgendwo schlafend oder dösend in den Ecken ihrer Gehege liegen (außer zur Fütterungszeit sind diese Vierbeiner bekanntlich kaum aktiv, was uns auch das Hinweisschild am Raubtierhaus bestätigt. "Bis zu 18 Stunden Schlaf am Tag" ist da zu lesen.) Ich werde von einem leichten Gefühl des Neides erfüllt.

Anders als die Raubtiere sind wiederrum die Robben und Seehunde im Wasserbassin. Munter planschen die Tierchen im kühlen Nass und drehen Runde für Runde, vorbei an quengelnden Kleinkindern, gestressten Eltern und motivierten Hobbytierfotografen. Ein riesiger Mähnenrobbenbulle sitzt auf dem Rand der obersten Klippe des Seehundgeheges und sein Blick spricht Bände - "Jaja, ihr haarlosen Primaten... denkt jetzt, ich hüpfe mit einem Salto rückwärts ins Wasser, damit sich Eure Kinder freuen und Eure Fotoapparate und Smartphones ein originelles Motiv vor die Linse bekommen, was? Aber Ihr könnt mich mal an meinem dicken, fellbesetzten Mähnenrobbenhintern...".

Als Nächstes treffen wir die Waschbären aka possierliche Fellkugeln mit gestreiftem Schwänzchen, die mit ihren kleinen Pfoten garantiert in jede Ecke meiner schmutzigen Küche kommen und das benutzte Geschirr in nullkommanix wegspülen würden. Ich hätte gerne einen Waschbär als Haushaltshilfe.

Das Affenhaus quillt über vor Besuchern. Menschen gucken sich wahnsinnig gerne Affen an. Aber Menschen gucken ja auch wahnsinnig gerne in den Spiegel. Ein älterer Mann mit grauem Schnauz und Safarihut erklärt seinen scheinbar interessiert dreinblickenden und nach großelterlichem Wissen lechzenden Enkeln, dass man Halbaffen auch als Lemuren bezeichnet und die ja in dem Film Madagaskar zu sehen sind. Gut, dass wir das jetzt alle wissen.
Ansonsten herrscht hier auch eher gerade Siestastimmung. Der Gorilla pennt in der Hängematte, die Schimpansen kratzen sich gegenseitig am hässlichen Schimpansenpopo. Kennt man.

In der Reptilien- und Krabbeltierabteilung quetschen sich Groß und Klein die Nasen an den Glasscheiben platt. Ich bin wie immer fasziniert vom "wandelnden Blatt" und sammle nebenbei flüchtige Gesprächsfetzen auf - alle nach dem Schema Oma/Opa/Mutti/Papa erklärt dem Kind die Welt. "Guck Leon, der Insekt krabbelt die Wand nauf!" Ja, genau.
Mirko stellt fest, dass man unter den Besuchern mal stichprobenartig einen Grammatiktest durchführen müsste. Ich mutmaße, dass hier die Kinder bestimmt besser abschneiden würden als die Erwachsenen.

OTTER! Meine Lieblinge! Wie ein großes, aufgeplatztes Sofakissen liegen fünf - oder sind es sechs? - Exemplare zusammengeknäult im Schatten und träumen von der Weltherrschaft. Warum von der Weltherrschaft? Weil ich sicher bin, dass Otter eines Tages selbige übernehmen werden. Warum ich da so sicher bin? Weil es eben so ist. Keine Diskussion.

Wir kommen nach Afrika. Antilopen und Zebras spazieren und grasen gemeinsam im Wildgehege und führen hier ein genauso friedliches Beisammensein, wie sie es in der afrikanischen Savanne tun. Nur ohne Raubtierangriffe. Ich entdecke ein Zebrafohlen und bin entzückt.
Nebenan latscht ein Elefant trompetend durch sein Freiluftwohnzimmer. Das Trompeten klingt so gar nicht nach "Törööö". Eher nach dem Schrei des T-Rex aus Jurassic Park. Und wir entdecken auch gleich die Ursache für den elefant'schen Unmut. Die Tore zum Elefantenhaus sind geschlossen, und Jumbo findet die Klingel nicht. Nur eine der Türen ist einen Spalt breit geöffnet. Unser Dickhäuter versucht sie mit dem Rüssel aufzuschieben. Klappt leider nicht. Ich bin sicher, dass Fanti jetzt bestimmt sauer auf seinen Pfleger ist. Und da wir alle wissen, welch gutes Gedächtnis so ein Elefant hat, wird er es dem Pfleger bestimmt auch noch in 50 Jahren vorwerfen, dass er damals an diesem Sonntag nicht ins Elefantenhaus reinkonnte.

Nach einer kurzweiligen Zoorunde brechen wir den Heimweg an. Aber natürlich kommt man nicht einfach so aus dem Zoo raus. Der Ausgang führt durch einen Zooshop, voll mit Plüschtieren und Nippes. Fiese Marketingmasche. Auch wenn wir nix kaufen, stöbern wir natürlich minutenlang durch die Regale. Ich will einen Plüschotter! Aber leider gibt es keinen schönen, und der einzige, der einigermaßen naturgetreu aussieht, kostet 30 Euro. Die Vernunft siegt, wir verlassen den Laden ohne ein Souvenir. Hinter uns Kindergeheul, weil ein kleines Mädchen die süße Robbe nicht bekommt. Arme Eltern?

Ein sonniger Tag geht zu Ende, und wir haben viele Kuriositäten in Tier- und Menschenform beobachten können. So ein Zoobesuch hat schon Mehrwert. 

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