Samstag, 5. März 2016

Ösophagogastroduodenoskopie

Oder auch, zu Deutsch: Magenspiegelung.
Nun. Egal, wie man das Kind beim Namen nennt - es klingt nach Horror, Igitt, Schlauch im Hals, Kotzreiz, Würg, Rülps.
Magenspiegelungen sind gleichzusetzen mit Wurzelbehandlungen. Sie lassen sich unendlich lange aufschieben, bis die Symptome dich irgendwann doch zum Handeln zwingen.
Ein seit Wochen anhaltendes Brennen im Hals und hinterm Brustbein war für mich der Stein des Anstoßes, mich doch mal einer Ösodingsbums zu unterziehen. Ich vermutete einen Reflux, wollte aber etwas medizinisch Bedenklicheres, wie z.B. ein Geschwür im Magen- oder Speiseröhrenbereich ausschließen. Und das geht halt nur mit Ösodingsbums.

Es gibt allerdings eine gute Methode, den Horrorigittkotzwürgrülpsreiz bei Magenspiegelungen zu umgehen: Die sogenannte Schlafspritze.
Eine Magenspiegelung dauert maximal 15 Minuten und genau für diesen Zeitraum entschwindet man in's Land der Träume, nur wenige Augenblicke, nachdem die Nadel in deine Haut gepiekst wurde. Du wachst wieder auf, fühlst dich ein bisschen so als hättest du eine Flasche Prosecco auf Ex getrunken und stehst die nächsten 30 Minuten deutlich neben dir. Abgesehen davon hast du für die nächsten 24 Stunden striktes Autofahrverbot (das klingt schon nach Prosecco-ORGIE) aber die Untersuchung ist vorbei und du hast nicht das Geringste davon mitbekommen.
Eigentlich bin ich nicht zimperlich und schmerzempfindlich, kenne aber meinen überaus leicht zu stimulierenden Würgereiz, abgesehen davon hab ich ne tierische Panik vorm Verschlucken bzw. vor dem Gefühl, dabei keine Luft mehr zu bekommen.
Hatte vor einigen Jahren ein traumatisierendes Erlebnis, als ich mich an einem Stück Schokolade (!) verschluckt habe und beim Husten plötzlich meine Luftröhre blockierte. Die bisher schlimmsten Sekunden meines Lebens. Ich sage Euch, sowas möchte ich nicht nochmal erleben.
Weniger bzw. gar keine Panik habe ich dagegen vor Spritzen. Deshalb nahm ich das Angebot der Schlafspritze gerne an.

Propofol heißt das Mittelchen, welches mich innerhalb von Sekunden ausknockt, als ich im Behandlungszimmer verkrampft auf der Untersuchungsliege meinem Schicksal entgegenzittere. Ich merke noch, wie man mir den Kunststoffring in den Mund steckt, der nachher verhindern soll, dass ich auf den Schlauch des Endoskops beiße - dann denke ich noch "Scheiße, ich schlaf ja immer noch nicht, und gleich ge...

Als ich wieder aufwache, sehe ich neben mir auf dem riesigen Bildschirm schöne Screenshots meiner Speiseröhre, meines Kehlkopfes und des Antrum cardiacum. Ohhhh. Wie schöööön. Alles rosa und glänzend, und so geheimnisvoll verwinkelt...Einen Moment lang komme ich mir vor wie Alice im Wunderland. Ich setze mich hin und der Herr Doktor erzählt mir was von Zuckerwatte und Einhörnern und was sonst so bei der Behandlung rausgekommen ist. Ich schwebe aus dem Behandlungszimmer, geleitet von einer Arzthelferin und soll mich draußen kurz auf einen Stuhl setzen. Hui. Alles ist so watteweich. Mir fällt was hoch an die Zimmerdecke, die Arzthelferin bückt sich schnell und hebt es auf "Bücken Sie sich jetzt bloß nicht!".
Ah, da ist Nine. Nine hat mich netterweise zur Untersuchung gefahren, durfte während der Behandlung im Wartezimmer sitzen und fährt mich auch wieder heim. Ich erzähle etwas, das ich im gleichen Moment schon wieder vergessen habe und vergesse auch sofort wieder, was die Leute um mich rum erzählen.
Zum Glück gibts die Diagnose nochmal schriftlich zum Nachlesen. Nix Geschwür, nur ein leichter Reflux, der mit Tabletten gut in den Griff zu kriegen sein sollte.

Nachdem Nine mich zuhause abgesetzt hat, suche ich auf schnellstem Wege das Wohnzimmer auf. Die ersten Rauschgefühle sind verflogen, aber ich denke, auf der Couch liegend und den fehlenden Schlaf von heute Nacht nachholend, bietet die wenigsten Risiken, jetzt irgendwas Unüberlegtes zu tun.

So war sie also, meine erste Ösophagogastroduodenoskopie.
Wie immer weit weniger schlimm, als man es sich ausgemalt hat. Dank Propofol, Dank nettem und verständnisvollem Praxispersonal sowie lieben Freundinnen, die sich spontan bereiterklären, den Taxidienst zu übernehmen. Danke! ♥

© inkjot.wordpress.com/

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