Mittwoch, 10. September 2014

Von Schusseligkeit und unerhörtem Glück.

Wer mich kennt, der weiß auch eines: Ich bin ein etwas schusseliger, machmal verpeilter, ungeschickter und vergesslicher Mensch. Auch wer mich gerade erst kennenlernt, wird diese Eigenschaft an mir ganz schnell entdecken lernen.
Ich bin jemand, der sein Handy sucht, obwohl er es zwei Minuten vorher noch in der Hand hatte. Ich bin der, der Sachen runterfallen lässt, so dass sie kaputtgehen. Ich bin der, der beim Essen kleckert (beim Trinken sowieso), mit dem Autoschlüssel die Wohnungstür aufschließen will und sich wundert, warum die Tür nicht aufgeht, wenn ich aufs Knöpfchen drücke.
Was ein Glück habe ich mein Männe, der mein Handy im Wäschekorb findet, kaputte Sachen sofort repariert und auch sonst ein sehr organisierter Mensch ist, was natürlich meine Eigenschaften etwas entschärft.
Aber auch mein Männe kann nicht immer verhindern, dass meine Schusseligkeit sich in vollem Umfang austoben kann.

Ein Beispiel vom letzten Montag: Wir besuchen an meinem ersten Urlaubstag mit ein paar Kollegen von Männe ein Weinfest im Nachbarort. Erst lecker essen, dann auf dem Festplatz in der Altstadt das ein oder andere Weinchen trinken, Wetter passt auch, Stimmung ist prima, alles bestens.
Da ich Wein nur in begrenzten Mengen konsumieren kann, begleite ich einen von den Kollegen in eine Cocktailbar, wo ich mir einen Caipi und für Männe einen Wodka Red Bull bestelle. Wir gesellen uns wieder hinaus zu den anderen, mittlerweile ist es früher Abend, das Gedränge auf dem Festplatz nimmt zu und die Menschenmassen werden von Stunde zu Stunde zäher.
Gegen halb sieben brechen wir schließlich auf (ein Männe-Kollege fährt uns netterweise nach Hause), möchten aber auf dem Rückweg noch im Supermarkt anhalten und ein paar antialkoholische Getränke kaufen.
Als ich die Getränke an der Kasse zahlen will und meine Handtasche öffne, bleibt mir das Herz stehen: Mein Portemonnaie ist weg!!! Einfach verschwunden!
Mein Pulsschlag verdoppelt sich sofort und mir läuft es eiskalt den Rücken runter. In der Menschenmenge hat mir einer das Portemonnaie aus der Tasche geklaut! schießt es mir sofort durch den Kopf.
Der nächste Gedanke: In dem Portemonnaie befinden sich nicht nur über 100 Euro Bargeld sondern - noch schlimmer - alle meine Karten und Papiere.
Scheiße.
Wie kann man nur so blöd sein!!?

Wir fahren zurück Richtung Weinfest, ich natürlich völlig aufgelöst, nur mit einem winzigen Fünkchen Hoffnung, dass ich das Portemonnaie unterwegs verloren habe, es irgendein ehrlicher Finder entdeckt und beim Fundbüro abgegeben hat.Von mir aus kann auch das Geld fehlen - wichtig sind mir die Papiere. Schreckliche Erinnerungen werden wach.
Vor sechs Jahren ist mir schon mal ein Geldbeutel abhanden gekommen: Im Pausenraum meiner damaligen Arbeitsstätte. Damals hatte mir irgendjemand das Ding aus der Tasche geklaut. Ein Praktikant, eine Aushilfe, ein Kollege? Ich weiß es bis heute nicht. 180 Euro Bargeld waren futsch, aber das Portemonnaie wurde am nächsten Tag zum Glück beim Fundbüro abgegeben, noch mit allen Papieren drin.
Nee, denke ich.
Soviel Schwein kannst Du doch kein zweites Mal haben.

Erste Anlaufstelle auf dem Weinfest: Die Festleitung, deren Büro sich genau neben dem Stehtisch befindet, den wir noch bis vor knapp einer dreiviertel Stunde besetzt haben. Allzu weit hatten wir uns hier nicht wegbewegt. Vielleicht hat ja jemand was gesehen...?
Die Frau hinter dem Schalter schüttelt den Kopf. Es wurde nichts abgegeben.
Ich raufe mir die Haare. Was jetzt? Wo war ich noch? Wen könnte ich noch fra... DIE BAR!!!! Siedendheiß überfällt mich der Gedanke. Na klar!!! Ich hab mein Portemonnaie in der Bar vergessen, als ich Caipi holen war! Aber das ist schon über zwei Stunden her!

Ein Versuch ist es wert. Ich stürze ins Lokal, die Bedienung hatte mittlerweile Schichtwechsel, und frage die Barkeeperin hinter dem Tresen nach einem verlorenen blaukarierten Geldbeutel.
Kurz kneift sie die Augen zusammen, dann - mir fällt eine Tonne Steine vom Herzen - nickt sie und ruft ihren Kollegen raus. Den kenn ich, das war der, der uns die Getränke gemixt hat.
Er öffnet eine Schublade und holt mein Portmonnaie raus. Ich möchte ihn umarmen und mit Konfetti beschmeißen!!!
Wie vermutet hatte ich das Teil nach dem Bezahlen auf dem Tresen liegen lassen, er hatte es gesehen und sofort weggeschlossen, da der Andrang in der Bar von Minute zu Minute größer wurde.
Ich danke ihm hunderttausend mal und stolpere, völlig benommen, aus dem Lokal raus. Mein Männe steht an der Ecke und sieht mich erwartungsvoll an - und ich kann nix sagen, nur den Daumen heben.

Zurück im Auto werfe ich einen Blick ins Portemonnaie. Es ist alles noch drin, bis auf den Cent genau.
Ich atme tief durch. Eieiei, das hätte ein großartiger Urlaubsanfang werden können.
Die Anrufe auf der Bank, EC- und Kreditkarten sperren, neuen Perso und neuen Führerschein beantragen und weiß der Geier, was sonst noch auf mich zugekommen wäre - egal!
Schwein gehabt, die zweite!

Frau Mi, das war Dir hoffendlich eine Lehre. Vielleicht passte in Zukunft mal ein bisschen besser auf Deinen Kram auf!

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