Samstag, 29. September 2012

Buchmeinung: Martin Suter - Die Zeit, Die Zeit


Ich hab mir überlegt, wenn ich schon so vor mich hinprokrastiniere, könnte ich doch auch mal ne neue Blog-Rubrik einführen - ich erzähle einfach immer ein bisschen was von meinem letzten Ausflug in die Welt des Bücherlesens. Vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen.

Vor wenigen Tagen habe ich "Die Zeit, Die Zeit" von Martin Suter beendet (Diogenes Verlag, 2012, gebunden, 21,90 Euro). Ich war sehr gespannt auf den Roman, da ich gerne Suter lese und die bisherigen drei Bücher, welche ich zuvor von ihm gelesen hatte, wirklich klasse fand.

Zur Handlung: Peter Taler ist seit einem Jahr Wittwer. Seine Frau wurde - offenbar völlig grundlos und direkt vor der Haustür - erschossen, und er gibt sich Mitschuld an ihrem Tod, da sie zuvor sturmgeklingelt und er die Tür nicht rechtzeitig geöffnet hatte. Um die Situation zu verarbeiten, kocht er Abend für Abend das gleiche Essen, legt die gleiche Musik auf, rekonstruiert jenen letzten Tag im Leben seiner Frau und steht biertrinkend am Wohnzimmerfenster. Bis ihm eines Abends beim Blick aus dem Fenster auffällt, dass sich irgendwas - er kann nicht sagen, was genau - verändert hat. Er versucht die Veränderungen fotografisch festzuhalten, bis er merkt, dass diese ihren Ursprung im Nachbarhaus haben.
Genauergesagt bei seinem kauzigen, alten Nachbarn Albert Knupp, ebenfalls Wittwer, wenn auch bereits seit 20 Jahren.
Taler entdeckt, dass Knupp ebenfalls heimlich Fotos von Talers Haus und den anderen Häusern in der Nachbarschaft macht und anfängt, seinen Garten umzugraben und dort Pflanzen auszutauschen. Es dauert nicht lange, bis Taler die Ursache von Knupps Verhalten erfährt... und zwar von dem alten Mann selbst, der Taler in sein ungewöhnliches Projekt einweiht: Knupp glaubt an die Aussage eines Wissenschaftlers, der die These aufgestellt hat, im Leben gäbe es keine Zeit, sondern nur Veränderungen. Würde man alle Veränderungen rückgängig machen, sollte es theoretisch möglich sein, einen bestimmten "Zeit"punkt im Leben zu wiederholen, nachzubauen, wiederherzustellen. Knupp will die Veränderungen der letzten 20 Jahre rückgängig machen, zurück zu einem ganz bestimmten Tag, an dem seine Frau noch lebte. Dazu muss er Fotos von "damals" und "heute" vergleichen und analysieren, renovierte Häuser in ehemalige Zustände zurückversetzen, gewachsene Bäume und Sträucher ausreißen und neu pflanzen, neue Autos gegen die alten Modelle austauschen und auch sein eigenes Aussehen mithilfe von chirurgischen Eingriffen in seine ursprüngliche Form bringen.
Da der alte Mann weiß, dass er dieses Projekt finanziell und kräftemäßig alleine niemals vollenden kann, überredet er Taler, mit einzusteigen. Taler willigt ein - weil er zum einen spürt, dass Knupp ihm durch das monatelange Beobachten und Fotografieren der Nachbarschaft dabei helfen könnte, Lauras Mörder ausfindig zu machen. Zum anderen würde ein erfolgreicher Ausgang des Versuches bedeuten, dass Taler auch seine tote Laura zurückzuholen könnte...

Die Beschreibung des Buches klang für mich sehr spannend, und die Idee, die Zeit durch das Rückgängigmachen von Veränderungen austricksen zu wollen, wahnsinnig interessent. Aber von einem Suter hätte ich doch etwas mehr erwartet.
Das Buch war zeitweise verwirrend und schwer nachvollziehbar, andere Stellen unnötig an den Haaren herbei oder in die Länge gezogen, sogar langweilig (ich meine, ich brauche keine zwei Seiten Beschreibung, wie ein Baum umgepflanzt und zurechtgeschnitten wird, da kann ich auch ein Gartenhandbuch lesen) und der Schluss - ohne viel über den Ausgang der Geschichte verraten zu wollen - völlig banal und enttäuschend.
Klar waren einige Stellen auch, typisch sutermäßig, sehr unterhaltsam zu lesen, aber im Großen und Ganzen empfand ich "Die Zeit, Die Zeit" als den bis dato schwächsten Roman von Suter.
Vielleicht ein gutes Einsteigerbuch für alle, die bisher noch nichts von ihm gelesen haben. Aber sein richtiges Potential entfaltet der Schweizer Autor in anderen Werken, die bereits erschienen sind und bestimmt auch noch zahlreich erscheinen werden...

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